The Real Thing
Stephen McKenna
The Real Thing ist der Titel einer Kurzgeschichte von Henry James, in der der Erzähler ein Maler ist, dessen ganzes Streben der großen Portraitkunst gilt. Bei der Arbeit für seinen Lebensunterhalt als Illustrator entdeckt er, daß die besten Modelle für die Darstellung britischer Ladies und Gentlemen nicht zwei exemplarische Mitglieder dieser Gesellschaftsschicht sind, sondern ein Londoner Vorstadtmädchen und ein vagabundierender Italiener. Der Maler beobachtet in sich selbst eine »angeborene Neigung für das dargestellte Motiv gegenüber dem realen: Die Unvollkommenheit des realen Modells war gleichsam die Ursache für einen Mangel der Darstellung.«
Die »Darstellung« ist stets das zentrale Anliegen der Malerei gewesen - im Gegensatz zur systematischen Wiedergabe der Erscheinung der natürlichen Welt oder zur Niederschrift inspirierter Visionen der übernatürlichen Welt. Diese Bestrebungen können für die Arbeit oder die Ausbildung eines Malers durchaus eine Rolle spielen, wenn auch eine untergeordnete.
Drei Felder der Betrachtung bieten sich an: Das eine, das in James' Geschichte behandelt wird, bezieht sich auf die Rolle des Modells, des Gegenstands oder der Idee, welche dem Maler die Anregung geben; das zweite - vielleicht vom Autor des Jahres 1892 in dieser Deutlichkeit nicht besonders hervorgehoben, aber ein Thema, das die Kunstgeschichte sichtlich immer wieder beschäftigt hat - betrifft die Empfindungen des Malers vor der Leinwand, die er bemalt hat; das dritte Feld umschließt die technischen Mittel, die den Ubergang vom ersten in das zweite Feld ermöglichen. Unser Jahrhundert hat eine Unzahl von theoretischen und praktischen Entwürfen auf jedem einzelnen dieser drei Gebiete hervorgebracht, welche im ersten Fall in soziologischen und politischen, im zweiten Fall aber in psychologischen oder philosophischen Überlegungen erstickt worden sind. Das ist symptomatisch für das Selbstverständnis des Künstlers des 20.Jahrhunderts - entweder schämt er sich, kein Wissenschaftler, Ingenieur, Intellektueller oder sonstwas zu sein, oder er ist eselstolz über die Unbegreiflichkeiten seiner unkontrollierten Instinkte. Beide Attitüden untergraben und entwerten den Rang und das Ziel der Kunst und ziehen die Aufmerksamkeit des Malers von den Aufgaben ab, um die es ihm zu tun sein muß. Unter jenen, denen es gelungen ist, solche Aufgaben zu erkennen und ihre Kraft auf sie zu konzentrieren, ist Peter Schermuly. Sein Ausgangspunkt war immer das Handwerkliche, das Reale, das Substantielle -gleichgültig ob dies das Modell oder das Motiv, die technischen Vorgänge bei der Übersetzung, welche sie stimulieren, oder das letztendlich repräsentierte Sein im Gemälde betrifft. Denn die Gesetze der Malerei sind weder geradlinig noch kausal, und die materielle Spur auf der Leinwand kann der Beginn des Malprozesses oder sein Endresultat sein.
Wenn man zu analysieren versucht, was Schermuly in den letzten vierzig einsamen Jahren getan hat, mag es klug sein, seiner Methode nacheifernd, vage Theorie zu verbannen und unsere Aufmerksamkeit den Werken selbst zuzuwenden. Dabei darf man jedoch die Tatsache nicht übersehen, daß er selbst sehr genaue Formulierungen seiner theoretischen als auch seiner praktischen Position geliefert hat. Wir wollen zwei Gemälde mit der Darstellung der nackten weiblichen Figur betrachten: Liegender Akt mit Schachbrett (Abb. 26) und Grosser Rückenakt (Abb. 27).
In der liegenden Figur stehen wir zuerst der monumentalen physischen Präsenz dieser nackten Frau gegenüber, die ruhig aus dem Bild herausblickt. Ihr Blick richtet sich sowohl auf den Betrachter als auch auf den Raum hinter ihm. Sie stellt ihre Nacktheit nicht aus und verbirgt sie nicht, aber sie vergißt sie auch nicht. Der Maler hat drei hauptsächliche skulpturale Formen dargestellt - den Oberkörper, den Bauch und die Oberschenkel - und sie in vollkommener Weise deutlich voneinander abgesetzt als auch untereinander oben und unten durch die Arme und Hände zusammengefügt. Diese Formen sind auf der linken Seite durch die abgeschnittenen Unterschenkel an die Bildebene gebunden und erreichen ihren Höhepunkt rechts oben, nicht in einem Kopf, sondern einem portraithaften Gesicht von fast dämonischer oder eher skeptischer Intensität.
Wir haben diese Formen als skulptural beschrieben, aber die Figur ist in keiner Weise die naturalistische Beschreibung eines festen Körpers. Sie ist eher wie aus der Bildebene der Leinwand gemeißelt, aus den Konturen gebrannter Umbra heraus, die sich hinter und vor dieser Bildebene miteinander verflechten, und sie wird ständig von den Pinselstrichen, die das Fleisch suggerieren und die Haut aufbauen, in Form gehalten. In der geschlossenen Darbietung dieser drei Elemente - der Figur, des Fleisches und der Haut - finden wir eine der bedeutendsten Leistungen in Schermulys Werk: die Übersetzung der Beobachtung in die Erfindung. Wenn wir die Oberfläche des Gemäldes untersuchen, wird uns die Genauigkeit des Pinselstrichs in der Plazierung der warmen und kalten Grautöne bewußt, die dieser Oberfläche das Leuchtende geben und sie so aussehen lassen, daß sie sich wie Haut anfühlen würde, könnte sie durch irgend etwas anderes als das Auge des Betrachters berührt werden.
Die Umgebung, in die die Figur gesetzt ist, wächst aus einer Serie von Reflexionen und Inspirationen heraus, die durch den Malprozeß selbst angeregt worden sind. Dies heißt nicht, eine besondere Reihenfolge der Ausführung anzunehmen. Zwei Arten von Spiel sind daran beteiligt - das Thema des Schachspiels und die fruchtbaren Widersprüche des dargestellten Raums, die im perspektivisch gesehenen Schachbrett, von dem der Arm eine Ecke abschneidet, zusammengebracht werden. Die andere Hand hat eine Figur aus dem Spiel genommen und hält sie abwägend. Die Schatten unter derselben Hand wiederholen die Figur, die schwarze Königin, so wie die gelben Quasten des Kissens in Beziehung zur Farbe der weißen Figuren auf dem Spielfeld stehen. Das Spielbrett selbst schneidet in die Ebene eines zweiten Bildes, einer verschleierten Landschaft, die ihrerseits vor einer Wandbespannung und dem abschließenden Schwarz des Hintergrunds ihren Ort hat. Die schwarzen Töne dieses Gemäldes sind ebenso subtil und untereinander verschieden wie die lichten Farben des Fleisches, zu denen sie ein Gegengewicht bilden. Jede dieser schwarzen Flächen, ganz gleich ob sie das Haar, Felsen in der Landschaft, einen Schatten oder die Quadrate des Schachbretts beschreiben, ist ein deutlich unterschiedener und unabhängiger Farbton, der jedoch niemals die direkte Schwärze, für die er steht, verliert. Zwischen diesen beiden extremen Tönen stehen die rosa und die grauen Farben, die in ihren winzigen Variationen des Lokaltons noch einen weiten Farbbereich suggerieren vom Rosa der Haut zu den roten Tönen des Sonnenuntergangs, welcher in dem Himmelsstück des Hintergrunds sichtbar wird.
Grosser Rückenakt behandelt die Unterscheidungen zwischen Dunkel und Hell mit größerem Kontrast - man könnte auch sagen: mit mehr Dramatik. Denn nur in einer Komposition von solch eindringlicher Nüchternheit und mit einer solch skrupulösen Aufmerksamkeit für das Detail im Unbelebten kann das Dramatische, ohne in Nachsicht gegen sich selbst oder in Ironie zu verfallen, ins Bild gesetzt werden.
Jede große Konzeption in der Darstellung des weiblichen Aktes steht in Beziehung zu einer langen Tradition von Formen und Inhalten, aber hier sind die mannigfachen Bezüge in besonderer Weise verdichtet und versteckt. Die Position des Rückens, der Beine und Arme ist eine Variation über Tizians Bild Venus und Ado-nis, das selbst wieder auf eine antike Skulptur zurückgeht. Aber während Tizians Venus sich heftig nach rechts dreht, um ihren davoneilenden Liebhaber festzuhalten, wendet sich Schermulys Figur ruhig nach links und betrachtet - wie in einer Darstellung der »Vanitas« - die Spiegelung ihres eigenen verdunkelten Gesichts. Dieser Blick in den inneren Raum des Gemäldes lenkt unsere Aufmerksamkeit noch stärker auf den majestätischen Rücken, wo sich - ausgebreitet unter den bewegten Pinselspuren, welche die Glanzlichter bilden - die Modellierung der Grautöne mit den Lokalfarben der Haut vermischt. An den Hinterbacken wird das Rot intensiver und bekommt eine doppelte Funktion: Es beschreibt einmal die Form, und zugleich reflektiert es das Glimmen des samtenen Tuchs. Dieselbe rote Erdfarbe wird in kräftigerer Nuance zur Lokalfarbe der Ferse, die fest dorthin gesetzt ist, wo sie mit den Stuhlbeinen in einer Linie steht. Oben im Bild ist der Raum zwischen dem Kopf des Modells und seiner Spiegelung noch einmal vom gelben Glanzlicht eines gemalten Metallrahmens im Hintergrund genau definiert. Dieses Gemälde im Gemälde weitet die Ikonographie zu einer Anspielung auf eine »Flora« aus. Die Stimmung der Blumen in diesem Bild ist ebenso düster wie die des gespiegelten Kopfes, vielleicht sogar verzweifelt, aber die Vase mit dem Strauß steht zusammen mit zwei Muscheln. Diese schließen in der Klarheit und Verve, mit der sie gemalt sind, einen Bund mit dem feierlichen Ton des Fleisches und weisen dergestalt auf eine Venus Anadyomene. Die gemalte Oberfläche ist in Bereiche eingeteilt, die in keiner Verbindung zu einer numerischen Proportion stehen, sondern sie erwachsen aus den Notwendigkeiten, die sich durch die Begegnung von Objekten und Gestalten innerhalb des Rahmens ergeben; sie ist durch farbliche Akzente betont, die diese Bereiche sowohl räumlich festlegen als auch die Lokalfarben, auf denen sie erscheinen, beleben. Hier können wir uns, wie Henry James, fragen, welche Funktion das Modell selbst in den Prozessen hat, die beim Malen dieser Werke eine Rolle spielen. Hier handelt es sich nicht um Naturalismus oder irgendeine sogenannte Untersuchung der Prinzipien des »Sehens«. Was als Ergebnis auf der Leinwand steht, ist eine Erfindung, eine poetische Realität, deren Konzeption durch ein besonderes Modell angeregt wurde, ohne dessen »Wiedergabe« zu sein. Der spezifische Charakter und die Erscheinung der Figur sind wichtig. Schermuly würde auch nicht daran denken, einen von der Sonne gebräunten, muskulösen Athleten zum Ausgangspunkt seiner Meditationen zu machen, genau wie er ein berühmtes schlechtes Lokal nicht als einen geeigneten Ort für ein gutes Gespräch betrachten würde. Das Stereotyp würde zu wenig Raum für die Imagination lassen: Diese Meditation über die Oberfläche einer realen Form, deren Zweck es ist, zur einzig richtigen Entscheidung zu kommen, welcher Ton und welche Farbe für einen bestimmten Bereich der Leinwand zu verwenden sind, steht im Mittelpunkt seiner Kunst. Wir verwenden an dieser Stelle eher den Ausdruck »Meditation« als Observation, weil sie Teil eines instinktiven technischen Vorgehens ist (wir sprechen natürlich vom trainierten Instinkt), zu dem alles gehört, was man sehen kann, wie die Farben gemischt sind und was sie darstellen.
Wie die Farben gemischt und dann aufgetragen sind, ist letztendlich der Kern der Malerei. Neben der möglicherweise ambivalenten Situation des Fleisches und seiner Farben ist das Stilleben ein Genre, welches das, worum es dabei geht, noch stärker zum Ausdruck bringt.
Die Oberfläche der Leinwand wird, in gleicher Weise wie die Palette, dazu benutzt, jene Reihe von Farben einzuführen, gegeneinander zu setzen und zu beleben, die ausgewählt wurden, in der Stunde anwesend zu sein, in welcher ein vorgegebenes Stillebenarrangement zu feiern ist. Solche Arrangements sind nicht immer, doch häufig, auf eine Mitte hin ausgerichtet, aber die umgreifenden Flächen des Hintergrunds und die Zwischenräume, die umgebende Basis, die zweitrangigen Objekte und die Glanzlichter spannen sich über die Oberfläche zu einer Art gemalter Haut, in der die Leerräume gleich gewichtig sind wie die Formen. Jede dieser Formen umfaßt eine Skala von Ausdruckswerten. Sie liegen zusammen, dehnen sich aus, wirbeln umher, bleiben stehen oder gehen weiter, ebenso wie sie sich einander nähern. Die Umrisse und Überschneidungen, die diese Bewegungen andeuten, sind aus Farben gemacht, aufgetragen mit dem Pinsel. Die sehr genaue Formdarstellung in diesen Bildern ist immer von malerischer anstelle von graphischer Natur.
Dies ist vielleicht die Grundlage für Schermulys Vorliebe, Blumen zu malen. Die Struktur und das Wachsen einer Pflanze oder ein Blumenstrauß schaffen eine Entsprechung für die Entwicklung von Farbpassagen. Die Äpfel sind Untersuchungen in Rot und Grün, Bananen die Frucht von Abenteuern auf dem Feld von Gelb.
Nehmen wir zum Beispiel das Stilleben Bananen und Äpfel (Abb. 69). Die Schale ist goldocker; das warme, tiefe Violett auf den nach hinten gehenden Seiten mischt sich mit einem kälteren Grün im Schatten der gewölbten Vorderseite. Akzente werden in Erdrot und Orange gesetzt, mit kleinen, beinahe weißen »touches«. Die sechs Äpfel, sechs in sich geschlossene Formen, sind so aufgebaut, daß sie sich genau der Hohlform anpassen, welche durch das Zurücktreten der Schalenseiten angedeutet wird. Während die Äpfel aus einer Reihe von kleinen Pinselstrichen, die die grünen und roten Pigmente tragen, gebildet erscheinen, sind die Bananen, die wie ein Banner auf dem Berg von Früchten aufgepflanzt sind, aus breiten Flächen von blassem Ocker, der von Linien in Umbra begrenzt wird, gemalt. All dies steht auf einem Tisch, der mit einem grau schimmernden Tuch bedeckt ist, dessen weite Falten sich bis in den Hintergrund erstrecken und sich dabei in Felsen und Wolken einer Landschaft verwandeln, vor die das Stilleben als Monument für den Triumph der Substanz gesetzt ist.
Das gleiche räumliche Rahmenwerk einer Tischebene, die in und hinauf zu einem strukturierten, aber undefinierbaren Hintergrund reicht, wird in Entchen und
Blümchen (Abb. 35) verwandt. Man könnte die Ursprünge dieser Hintergrundobjekte zurückverfolgen zu einer Leinwand, einem Stuhlbein, einer Säule oder einer Bank. Aber ihre alltäglichen Eigenschaften sind abgezogen worden, ersetzt durch ihre rein formalen Qualitäten, welche ihrer Rolle in dem Gemälde entsprechen.
Eine schwarze Linie ist der Schatten, der eine rechtwinklige Verbindung hervorhebt, drei graue Streifen geben die Maserung des Holzes wieder. Die horizontale Linie des Fußbodens ist nach oben gekippt, die Oberflächen der Säule sind ver-unklart. Jede beschreibende Illusion ist durch die dringlichere Realität der Oberflächenfarbe verdeckt, die hier zur Substanz wird, welche sie darstellt. Auf dem Tisch, der mit einem grünen Tuch bedeckt oder, besser gesagt, aus Grün gemacht ist, ändern sich die Richtung und die Mittel der Darstellung. Die Opalin-vase, wo die eindringliche Illusion von Licht und Textur mit einer atemberaubend einfachen und direkten Technik erreicht ist, enthält ein Sträußchen von winzigen weißen Blumen, deren formale Zartheit sich mit der Genauigkeit der Ausführung die Waage hält.
Vorne steht, gerade angekommen oder im Begriff, aus dem Bild zu gehen, das Entchen. Diese zerbrechliche Kreatur, lebendig oder ausgestopft, komisch und tragisch, ist eine von Schermulys bedeutendsten Erfindungen. Die Behandlung der Farbe und der Pinsel verleiht ihm materielle Merkmale, welche es in eine andere physikalische Welt versetzen als die des umgebenden Gemäldes, unbeschadet dessen, wie überzeugend es an dieser Stelle im Raum stehen mag. Durch einen solch plötzlichen Wechsel in unseren Wahrnehmungen, aber ohne irgendeine Konfusion oder Mystifikation, sind wir in der Lage, hinter die Banalität der Objekte zu sehen und uns der Existenz von Raum und Substanz bewußt zu werden, so wie wir uns der doppelsinnigen Gegenwart unseres eigenen Körpers bewußt sind. Es gibt keine analytische Möglichkeit, zu erklären, wie dies geschieht - wie der Maler, auf dem Weg seines Werks, sich und danach den Betrachter in den Stand versetzt, in diesen Zustand einer gesteigerten Wahrnehmung einzutreten, einer visuellen Entzückung, welche das Poetische oder das Metaphysische genannt worden ist. Hier wird einem das Dämonische hinter dem Keuschen bewußt, das unerbittlich Rationale inmitten der wildesten Phantasie.
Der Begriff »metaphysisch« steht nicht in Verbindung mit einer besonderen Schule, einer bestimmten Art der Thematik oder Malweise. Noch weniger beziehen wir uns auf eine unbestimmte Sehnsucht nach dem Transzendentalen in der Erscheinung oder Wirkung der Bilder.
Der Augenblick der Wahrheit kommt für den Maler nicht zufällig, aber er kann auch nicht zuverlässig oder regelmäßig herbeigeführt werden; er ist wahrlich weniger ein Augenblick als ein Zustand, der nur durch genaueste Beobachtung technischer Rituale und eine rigorose gedankliche Disziplin erreicht werden kann. Aber die Disziplin des Malers ist nicht die Disziplin des Soldaten oder des Geistlichen. Seine Kreuzzüge und Abenteuer auf dem weißen Feld der Leinwand sind - wie jene des wahren Ritters - eher Prüfungen seiner Standhaftigkeit als der Gewinn eines kleinen Vorteils. Letzte Vollendung fordert das rechte Gleichgewicht zwischen den Kräften von Imagination und Ausführung und kann auf der Leinwand gemessen und erkannt werden an der Vereinigung von Farben, Tonwerten, an Raum und
Zeichnung in einer engen, aber nicht drangvollen Zuordnung, die unvermeidlich scheint und dennoch nicht voraussagbar ist.
Die Geschichte der Malerei im 20. Jahrhundert wurde in Begriffen wie der Behandlung des Raums, der Form oder des Lichtes, der Leinwand als Objekt, des Künstlers als Person sowie der Geschichte der Ideen oder der Mechanismen des Marktes beschrieben. Schermuly mag von all diesen Dingen ein wenig berührt worden sein, aber er ist in keinem befangen. Ihm geht es nicht darum, die Tradition fortzusetzen oder mit ihr zu brechen, sondern sie als ganz natürlichen Teil seines Erbes einzusetzen. Er hat darin einen Weg zu einer Malerei gefunden, welche all die besonderen Fähigkeiten seines Temperaments und seiner Kultur herauszufordern weiß, und als solche ist sie unterschieden von allen Schulen und Stilformen.
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